Politik via Nationalbank scheint verlockend, jedenfalls für all jene, die ungehemmt und ungehindert bestimmen wollen, ohne die lästigen Hemmnisse der Demokratie beachten zu müssen. Denn Politik via Nationalbank können die Stimmberechtigten aussen vor gelassen werden.

Wer Wirtschaftspolitik über die Nationalbank betreibt, macht dies ausserhalb von Verfassung und Gesetz. Wirtschaftspolitik schiebt der Nationalbank eine komplett veränderte Rolle zu, welche keinerlei demokratische Abstützung findet, weil es eben Politik am Volk vorbei ist. Dennoch wollten Johann Schneider-Ammann und Eveline Widmer-Schlumpf die Nationalbank an die Kandare nehmen (Der Sündenfall, Weltwoche Ausgabe 10/2015), weil sie jetzt vor der Herausforderung stehe, die Aufwertung des Frankens in Grenzen zu halten. Wie dem Aussprachepapier «Wirtschaftspolitische Handlungsoptionen angesichts der Frankenstärke» entnommen werden kann, müsse der Bundesrat mit regelmässigeren und intensivierten Aussprachen mehr Einfluss auf die Entscheide der Nationalbank gewinnen. Ziel müsse sein, «die Geldkonjunktur und die allgemeine Wirtschaftspolitik inhaltlich und kommunikativ zu koordinieren» (Tagesanzeiger 04.03.2015).

Sie haben richtig verstanden: Auf höchster Ebene laufen ernsthaft Bemühungen, Wirtschaftspolitik an Volk und Parlament vorbei via Nationalbank zu betreiben. Nicht dem dazu demokratisch legitimierten Parlament sollte der wirtschaftspolitische Auftrag erteilt werden, unsere Exportwirtschaft vor den Folgen der Frankenstärke zu schützen. Unerhört! Für diese weitreichenden Massnahmen, die uns alle massiv getroffen hätten, nicht nur für irgendwelche Lappalien, sollten Parlament und Volk aussen vor gelassen werden. Welch arrogant überhebliche Geringschätzung des Souveräns kommt da zum Ausdruck!

Keinerlei Entschuldigung für diesen Sündenfall kann es geben, dass die von vielen noch immer bewunderte EU mit absolut schlechtem Beispiel vorangeht. Bekanntlich hat die Europäische Zentralbank (EZB), unbeeindruckt von massiven Protesten vieler engagierter Bürger gegen diese demokratisch nicht legitimierte Wirtschaftspolitik der EZB, mit Mega-Anleihekäufen von monatlich 60 Milliarden Euro begonnen, um damit angeblich die Konjunktur anzutreiben und Deflationsrisiken zu bekämpfen. Von der EZB alles nur vorgeschoben widerspricht Fiduka-Börsenexperte Gottfried Heller: "Der einzige Sinn des Programms ist es, den Euro so weit zu schwächen, dass die Südländer und insbesondere Italien ohne eigene Anstrengungen aus ihrer Misere kommen."

Die 1,14 Billionen Euro, die vorerst dafür vorgesehen sind, übersteigen nicht nur unsere Vorstellungskraft sondern bei weitem auch die Wirtschaftskraft der gesamten EU, so dass eine Unmenge ungedeckter Euros in Umlauf kommen. Was dies – auch für die von der Schweiz gehaltenen Euros – bedeutet, kann sich jeder selber ausmalen. Wie unverschämt wird unter diesem Aspekt, der ohne Rücksprache mit dem Souverän vom Bundesrat in Erwägung gezogene erneute Mindestkurs gegenüber dem Euro (vgl. Aussprachepapier).

Eine EU, welche einer „marktkonformen Demokratie“ das Wort redet und die Wettbewerbsfähigkeit für Kinder und Enkel (Angela Merkel) anstatt Demokratie erhalten will, kann für uns bestenfalls abschreckendes Beispiel sein. Aber sicher nichts, nach dem sich Bundesrat und Eidgenossenschaft ausrichten können, ohne unserer echten direkten Demokratie einen irreparablen Schaden zuzufügen.

Mehr direktdemokratische Mitsprache ist angezeigt und nicht Schutz der Interessen der gerne als „Finanzmärkte“ umschriebenen Spekulanten, der Gross- und Investmentbanken und Hedge-Fonds, welche – wie das Aussprachepapier des Bundesrats deutlich zeigt – auch unsere schweizerische politische Agenda allzusehr bestimmen. Nicht der Börsenkurs darf Gradmesser sein, sondern was der Souverän, was wir Bürgerinnen und Bürger wollen. Der Bundesrat wird gut tun, sich an seinen Auftrag zu erinnern: Die Freiheit und die Rechte des Volkes schützen und die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes wahren!

Und wir Bürgerinnen und Bürger – damit sind auch Sie gemeint – werden gut tun, uns zu überlegen, was wir angesichts dieser arroganten Übergriffe zu unserem Schutz unternehmen wollen.

Dr. Markus Erb, Präsident «Bürger für Bürger»